(04/2013)
„Einfach unverkrampfter Sound, dat ham wa doch gebraucht!“
Umse ist wohl das, was man einen Trueschooler nennt. Denn „…die Werte, die einst fielen, ziehen wir beide wieder hoch.“ Das heisst in diesem Fall: keine gesungenen Refrains, keine Beleidigungen, dafür klassische Beats von Decker, garniert mit Scratches und jeder Menge Samples aus dem Soul- und Jazzbereich. „Diese Mucke eignet sich hervorragend zum Steigern des Niveaus.“ Wer also eher auf „Geld zählen, Girls klären, Gangbang und McFit“ als auf „Sprayen gehen, Turntables, Breakdance und Rapshit“ steht, der kann hier gleich aufhören zu lesen und stattdessen Kollegah und Farid Bangs „Jung, brutal, gutaussehend II“ hören.
Umse stattdessen bringt einfach nur „nice rhymes aufn Beat“, „Shit für den Sommer“, schmeisst „mit Soulgranaten“ um sich und genießt sein Leben, „weil es nix bringt, immer nur den Zweifler zu mimen.“ Sehr lange habe ich schon kein so positives, angenehmes und sympathisches Album mehr gehört wie „Wachstum“. Selbst die ein, zwei Songs mit ernsteren Themen sind so entspannt und mit einer reifen, ironischen Art von Distanz aufbereitet, dass sie genau wie die restliche CD einfach niemanden stören können: „ich wollte doch nie wieder nen Song schreiben, der einen runterzieht. So soll das hier auch gar nicht klingen, es geht ums Prinzip.“
Selbigen Prinzipien bleibt er stehts treu, dabei ist Umse angenehmerweise aber nie krampfhaft fröhlich, locker und entspannt, sondern man kauft es ihm immer ab. Er scheint irgendwie sehr fest im Leben zu stehen, als könne ihm nichts und niemand etwas anhaben oder seine Laune verderben. Und diese Gemütshaltung transportiert „Wachstum“ sehr überzeugend. Das Gute daran: sie färbt ab. „Diese Mucke macht in mir alles Negative kaputt. Diese Scheibe ist ein Muss, ein explosives Produkt.“ So siehts nämlich aus!
Zugegeben, „Was wäre wenn?“ ist jetzt nicht das innovativste Songkonzept, aber es funktioniert. Ich glaube Umse, wenn er behauptet: „Wäre HipHop ne Blume, würd ich sie gießen. Wär HipHop Selbstmord, würde ich mich jetzt und hier erschießen.“ Und genauso bodenständig, aber überzeugend verhält es sich auch mit den anderen Konzeptsongs wie „Wüste“, „Balkon“ oder „Alles Geschichte“. Die Stimmung, die transportiert werden soll, kommt bei mir jedes Mal definitiv an. Gern und oft mit Ohrwurmcharakter.
Die intro hingegen unterstellt Umse, er sei „bieder“ und sozusagen von vorvorgestern. Für fanatische Newschooler ist „Wachstum“ von Umse vielleicht wirklich nichts. Er sagt: „Das ist kein Nineties-Revival, eher ein Style-Überbleibsel.“ Fick Dich, intro! „Einfach mal Gedanken machen, was für Sachen man so supported […] doch das hier kannst du pushen, is moralisch okay, du finanzierst hier nicht mein Hausboot oder Cabriolet!“ Gut rappen kann er auch noch. Und weil das alles so schön klingt und sympathisch und authentisch rüberkommt: Kaufen!
Immer noch Zweifelnde können sich hier auch erstmal selbst davon überzeugen, wie angenehm Umse klingt:
Und hier, ohne Video: