Monthly Archives: Mai 2015

Vince Staples Gold Roger, Lance Butters Rakaa Iriescience Hubert Daviz Hoodies

Vince Staples, Gold Roger, Rakaa, Said & Hoodies

Der neue Kendrick Lamar aka Vince Staples liefert mit Señorita einen Song ab, an dem niemand vorbeikommt. Das liegt nicht nur an dem großartigen Flow des jungen Mannes, sondern auch und vor allem an dem unfassbar krassen Video dazu. Nicht unbedingt das, was man bei dem Titel vielleicht erwartet – umso besser.

Wenn das hier das Lebensgefühl junger, US-amerikanischer People of Colour wiederspiegelt: Gute Nacht. Ihr solltet euch dieses Stück Videokunst unbedingt bis zum Ende ansehen:

Vom Musikalischen (und der Stimme) her auch nicht unbedingt mein Ding, aber inhaltlich und Delivery- sowie Flow-mäßig über jeden Zweifel erhaben: Gold Roger mit „MLXMLK“ (prod. by Yourz).

„Du fragst ‚Weißt du überhaupt, wer ich bin?’/ich sage ‚Digger, das weißt du doch selbst nicht“

Lance Butters hingegen ist das alles scheißegal. Aber der plant ja auch, nicht älter als 30 zu werden. Vielleicht kifft er zu viel.

Hier das schicke Video zu „Weißer Rauch“ (produziert von Bennett On).

Derweil hängt Rakaa Iriescience von den Dilated Peoples in der Hamburger U-Bahn rum.

Dazu haben ihn offensichtlich OnePlusOne (Phil Da Beat & DJ Tricky) bewegt, von denen ich auf diesem Wege zum ersten Mal gehört habe. „One Luv“!

‚Crazy Eyes‘ Said kloppt das Video zu „Yeah Boi“ raus. Unterstützung kriegt er von BOZ, den ich viel zu wenig auf dem Schirm hab. Die Feature-Parts des Hamburgers haben mir immer sehr gut gefallen, ich habe mir aber immer noch keine seiner Platten angehört. Schande über mich!

Wie dem auch sei: Wenn Lance Butters mal das Gras ausgehen sollte, kann er sich vertrauensvoll an diese beiden Herren wenden. „Straße bleibt Straße, watt soll ick da machen?“ Gefällt mir auch dank der Produktion von AT Beatz deutlich besser als die letzten paar Tracks von Said.

Dann wäre da noch diese zauberhafte Liebeserklärung an den Kapuzenpulli. Beziehungsweise dank des Deutschlandfunks eine Verteidigung des Kleidungsstücks und noch sehr viel mehr als das.

Dank Jan Wehns Allgood-Dingen Stop/Look/Listen habe ich jetzt auch zum ersten Mal was von Tonekk & Dait gehört. „Vielleicht wird mal ne EP ‚draus.“ [sic]

Last, but not least gibt es bald ein Re-Release von Hubert Daviz‘ „Proceduri de rutina“. Warum das total geil ist und wer dazu so alles Remixe beisteuert, könnt Ihr samt der meisten Songs hier beim Splash-Mag erfahren.

Boom Boom Boom K.I.Z. Hurra die Welt geht unter

K.I.Z. – Boom Boom Boom [Video]

„Boom Boom Boom Boom – Ich bring euch alle um!“ ist nicht gerade die subtilste Art der Kritik. Es verdeutlicht aber sehr schön die Wut und Verzweiflung, die einen heutzutage angesichts der vielen Idioten packen kann. Vielleicht verstehen sie es sonst auch nicht. Wobei die, die es gebrauchen könnten, sich das wahrscheinlich sowieso nicht anhören. Obwohl: Dank Circus Halligalli kennt jetzt auch der letzte Fernseh-Fan K.I.Z. und deren Song „Boom Boom Boom“. Von wegen Untergrund. Wahrscheinlich haben wir es auch Joko und Klaas zu verdanken, dass sich sogar die erzkonservative Welt dazu bemüßigt fühlt, etwas zu K.I.Z.s „Boom Boom Boom“ zu schreiben. Und wenn die überlegen, ob K.I.Z. hier zum Terrorismus aufrufen, steht Zweierlei fest: Die Welt hat nichts begriffen und K.I.Z. haben alles richtig gemacht. Frei nach dem Motto: Ein getroffener Hund bellt. Der Text trieft dann auch nur so vor rechtskonservativem Geblubber.

Finde die Fehler:

„Das radikale Berliner Rap-Kombinat K.I.Z. lädt ein zur Jagd auf die politische Lethargie des Mittelstands: ‚Ihr Partypatrioten/ Seid nur weniger konsequent als diese Hakenkreuz-Idioten/ Die gehn halt noch selber ein paar Ausländer töten/ Anstatt jemand zu bezahln, um sie vom Schlauchboot zu treten.‘ Irgendjemand ist richtig sauer, wenn er ausländermordende Neonazis in seinen Texten eine Stufe über dem Rest der Gesellschaft ansiedelt.“ [sic]

Die Gesellschaft unterteilt sich laut der Welt also in ausländermordende Neonazis und den Rest: Die Party-Patrioten aka Der Mittelstand. Das kann ich so jedenfalls nicht unterschreiben. Hier wird meiner Meinung nach auch nicht auf die politische Lethargie Jagd gemacht. Aber recht hat die Welt zumindest damit, das hier irgendjemand richtig sauer ist. Nicht ganz verstanden haben sie offenbar, warum – und auch nicht, wer hier wen umbringt, anzündet und aufknüpft. Vielleicht einfach nochmal ansehen, dieses wirklich unfassbar großartige Musikvideo zu „Boom Boom Boom“. Vielleicht fällt dann auch auf, dass darin keine „Ego-Shooter-Perspektiven“ zu entdecken sind. Oder dass die Kategorien Mainstream und Untergrund irgendwie nicht so recht passen wollen beziehungsweise falsch verteilt sind, wenn es um K.I.Z., Die Antilopen Gang, Zugezogen Maskulin und Deichkind geht.

Achja: „Wenn Rapper Kapitalisten den Kopf abschneiden“ macht sich als Schlagzeile natürlich super, führt aber leider meilenweit an der Sache, ja am Thema vorbei. Maxim kriegt im Video andeutungsweise die Kehle aufgeschlitzt, nicht den Kopf abgeschnitten. Er würde sich selbst wahrscheinlich auch eher als Kapitalismus-kritisch bezeichnen. Dafür ist er aber Rapper. Meine Interpretation: Der kapitalistische, rechte Lynchmob schneidet ihm die Kehle durch – korrekt müsste es also heißen: ‚Wenn Party-Patrioten Rappern die Kehle aufschlitzen‘. Das wird man ja wohl nochmal sagen dürfen und hat dann nur noch sehr wenig mit dem Islamischen Staat zu tun, liebe Welt. „Ich hab‘ noch nie so treue Sklaven gesehen.“

Schwierig

Ironischerweise hat Noisey am selben Tag, an dem Boom Boom Boom samt Video erschienen ist, einen Artikel namens „Politischer Deutschrap ist immer noch schwierig“ veröffentlicht. Ein ziemlich ätzender Artikel, der unter anderem beinhaltet, dass Sookee ja „eigentlich hochintelligent“ ist, aber halt leider eine Frau. Immer noch schwierig, ja. Immerhin erwähnen sie Ali As‘ und Pretty Mos „Deutscher/Ausländer„.

Ich feiere K.I.Z.s „Boom Boom Boom“ jedenfalls zu Tode, auch dank dieser Vengaboys-Ohrwurm-Granaten-Hook und natürlich für das extrem gelungene Video. Ich war beim Kannibalenlied ja noch sehr skeptisch (was in der Rückschau aber natürlich sehr viel mehr nach Kommunismus als Nationalsozialismus klingt), bin mittlerweile aber sehr zuversichtlich, dass mit „Hurra die Welt geht unter“ ein sehr starkes und vor allem politisches Album auf uns zukommt. Auch wenn das natürlich „immer noch schwierig“ ist.

Celo Abdi Schlaghammer Bonchance Fashawn Jedi Mind Tricks Genetikk Crack Ignaz

Celo, Abdi und der ganze Rest

Celo & Abdi kommen mit dem Schlaghammer vorbei. Die Promophase zu „Bonchance“ gestaltet sich wie erwartet äußerst unterhaltsam. Nachdem die beiden Sympathen bei Akupunktur schon die ganz große Filmschiene (mit Moritz Bleibtreu: Das Video zu „Nur noch 60 Sekunden„) gefahren haben, ziehen sie die Masche jetzt konsequent weiter durch. „Schlaghammer“ fungiert als Vorgeschichte zum ersten Albumtrailer, der wiederum eine Hommage an die Astérix-Szene aus La Haine war. Als Fortsetzung gab’s zwischendurch dann noch „Gargoyles„, was wiederum beim Ticker im Fernsehen lief. Ich steh ja auf so Querverweise. „Schlaghammer“ weist jetzt ein Jan Delay-Feature auf und Abdi läuft zur Hochform in Sachen Satzkonstruktion auf: „Laut Aussage draufhaben mögen es ja viele.“ Hätte ich so jetzt nicht unbedingt erwartet.

Beim Splash-Mag stellen sich Celo & Abdi noch dem Punchline-Quiz Who Dat?, was in schallendem Gelächter und 12 Minuten purem Gold mündet. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich das Format bisher mit Nichtachtung gestraft habe. Jetzt kenne ich allerdings alle Folgen und wünsche mir dringend mehr:

Was ganz anderes: Fashawn. Das Album „Boy Meets World“ liebe ich über alles und kenne es wahrscheinlich komplett auswendig. Als Hörproben mit Video empfehle ich an dieser Stelle „Life As a Shorty“ und „The Ecology / The Score„. Das mittlerweile gar nicht mehr so neue Album „The Ecology“ kommt da schon ziemlich nah dran, hört es Euch unbedingt an. „Higher“ heißt die aktuelle Auskopplung daraus und dreht sich um sehr viel mehr als Kiffen: „You’re thinking entertainment/I’m thinking elevation“, mit einem wie immer wunderschönen Exile-Beat und Fashawns Tochter.

Als Kontrastprogramm dazu eignet sich der Jedi Mind Tricks-Song „Deathless Light“ perfekt. Vinnie Paz macht wie eh und je keinerlei Gefangene und trägt die Rasierklinge immer noch unter der Zunge. Obendrauf gibt’s ein ziemlich ekelhaftes Video samt noch gruseligerem Grinsen des Cheesesteaks-Fans aus Philadelphia. Das Album „The Thief and the Fallen“ erscheint am 2. Juni.

Dann ist letzte Woche ja auch noch das Genetikk-Album „Achter Tag“ erschienen. Im Großen und Ganzen bin ich nach den Auskopplungen „Wünsch Dir was“ und „Caput Mundis“ schon auf das Schlimmste gefasst gewesen. Ganz so schlimm ist es dann doch nicht geworden, wobei mit dem einen Album-Drittel schon hardcore die Charts angepeilt werden. Die Tracks „Überüberstyle“, „22MMM“, „Mein Kung Fu“ und „Jungs aus’m Barrio“ – sowie natürlich die Beats – entschädigen dafür aber zum Glück einigermaßen. Das dritte Drittel würde ich genau wie Daniel Schieferswagger im JUICE-Review als zu verkopft bezeichnen. [Kleiner Nachtrag: Auch Dani Fromm von laut.de spricht mir in ihrer Review mehr oder weniger aus der Seele (wobei mir der Max Herre-Part rein technisch extrem gut gefallen hat und positiv aufgefallen ist), und auch Skinny von rap.de stimmt in das unzufriedene Murren bezüglich des Genetikk-Albums ein. Sikks Beats feiern hingegen ausnahmslos alle. Zu recht. Schon abgefahren, dass mir das Lance Butters-Album „Blaow“ fast besser gefällt, auch wenn der immer so langgezogen meaow-mäßig rappt.]

Zu guter Letzt noch was Witziges: Der beliebteste Mensch von Österreich aka Austria’s Sweetheart aka Crack Ignaz aka König der Alpen, süß wie eine Mozartkugel. „Unglaublich, was es alles für Sachen gibt.“ Word. Perfektes Video:

MoTrip Mathematik Mama Embryo

MoTrip – Mathematik [Video]

ENDLICH. MoTrip taucht eindrucksvoll aus der Versenkung auf und rechnet uns mal eben kurz vor, wie man richtig rappt. Seitdem „Embryo“ 2012 bei mir wie eine Bombe eingeschlagen hat, warte ich sehnsüchtig auf den Nachfolger. Er heißt folgerichtig „Mama“ und knüpft hoffentlich dort an, wo MoTrip mit seinem Debüt-Album aufgehört hat. Es zählt immer noch zu meinen all-time-favourites in Sachen Deutschrap. Die erste „Mama“-Auskopplung „Mathematik“ liefert dann auch genau das, was ich mir erhofft hatte: Schöne Wortspielereien sowie einen nahezu perfekten Flow auf angenehmem Beat. Was will man mehr? Die unglaublich angenehme Reibeisen-Stimme von MoTrip gibt’s gratis obendrauf. Das hier ist sehr viel mehr als simple Mathematik:

„Egal, bring mir die besten zehn und pack zwanzig drauf/Diese neunmalklugen Typen fliegen achtkantig raus/Wenn der Siebenschläfer wiederkommt und Sechsen verteilt/Wird das fünfte Element in seinen Texten erscheinen/Früher 4-Spur-Gerät, Bruder, jetzt mp3/Projekt Nummer Zwei zieht direkt auf die Eins“

„Schon mit zehn bin ich bei neuen Freunden vorsichtig geblieben/Ich lernte, dass man Acht gibt, bevor sie dich durchsieben/Liegst du sechs Fuß tief kannst du flirten mit dem Tod/Und bist fünf Sekunden später in der vierten Dimension/Klopfe drei mal auf Holz, bevor sie deine Asche streuen/Lieber zwei echte Feinde, als einen falschen Freund“

„Mache zehn von neun Punkten, was ein Achtungserfolg/Auf Wolke Sieben führt der sechste Sinn zum Fass voller Gold/War das fünfte Rad, heute triumphier‘ ich allein/Auch wenn sie dreist sind und zweifeln, hier steh die Eins!“

Was soll ich dazu noch groß schreiben? MoTrip is back. Die Rechnung geht auf.