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K.I.Z. Hurra die Welt geht unter

K.I.Z. – Hurra die Welt geht unter

Die aktuelle Hitzewelle kann nur als Vorbote der drohenden Apokalypse interpretiert werden. K.I.Z. prophezeien: „Hurra die Welt geht unter“. Nächsten Freitag ist es schon so weit. Das Ende naht, liebe Gemeinde. Aber alles gar kein Problem, wenn man auf einem Boot lebt. Keine Angst, denn wir brauchen den Weltuntergang offensichtlich nicht zu fürchten. „Und wir singen im Atomschutzbunker: Hurra die Welt geht unter!“

Ein Goldbarren ist für uns das Gleiche wie ein Ziegelstein/Der Kamin geht aus, wirf mal noch ’ne Bibel rein/Die Kids gruseln sich, denn ich erzähle vom Papst/Dieses Leben ist so schön, wer braucht ein Leben danach?

Sie dachten echt, ihre Scheiße hält ewig/Ich zeige den Kleinen Monopoly, doch sie verstehen’s nicht

 

Chefket – Rap & Soul

Chefket bringt endlich ein Album raus. Es heißt „Nachtmensch“, erscheint am 14.08. und klingt hoffentlich so wie die erste Auskopplung namens „Rap & Soul“. Dabei handelt es sich nämlich um einen veritablen Sommerhit. Obendrein stammt der Beat von Farhot (dessen Album „Kabul Fire Vol.1“ nicht oft genug empfohlen werden kann) und Ghanaian Stallion (dem Haus- und Hofproduzenten von Megaloh). Einzig das Video finde ich ein bisschen zu generisch und somit recht wahllos und uninteressant. Aber das spielt keine Rolle, wenn der Skillionär Chefket auf den Song so großartig klingt.

 

MoTrip – Wie ein Dealer/Malcolm mittendrin

Das MoTrip-Album „Mama“ ist wirklich gut gelungen. Mir gefallen insbesondere die ersten Lieder der Tracklist und der Titelsong mit Haftbefehl. Außerdem freue ich mich wahnsinnig über den ersten längeren Azad-Part seit einer gefühlten Ewigkeit. MoTrip macht insgesamt ernste, große Kunst und liefert ein rundes, durchdachtes und sehr gefühlvolles Album ab. Herzlichen Glückwunsch also zum dritten Platz der Album-Charts, ich hätte ihm den ersten gewünscht. Vor Release gab es noch das schicke Video zum genialen „Wie ein Dealer“. Ist halt dasselbe wie Curren$ys Audio Dope 2, aber darum nicht weniger cool. Zu „Malcolm mittendrin“ gibt es ein Lyric-Video. (Ali G-voice on) Check it! (Ali G-voice off)

 

Xatar – Meine große Liebe

True Story: „Kennst Du den Rapper Xanax?“ Nein. Aber ein Rapper namens Xatar hat ein Album von erstaunlicher Lebensdauer veröffentlicht, dass ich nach wochenlangem, intensivem Genuss immer noch Hören kann und will. Zugegeben, den folgenden Song skippe ich mittlerweile meist weg, weil der Aha-Effekt nach dem ersten aufmerksamen Anhören dann doch sehr schnell verfliegt. Spätestens nach Ansehen des Videos zu „Meine große Liebe“ von Xatar muss auch dem Allerletzten klar sein, dass es in diesem Lied hier die ganze Zeit um Geld geht. Aber ein feiner Zug vom Baba aller Babas, nach Release und Album-Promophase noch ein Video zu veröffentlichen.

 

Celo & Abdi – Bonchance

Auch Celo & Abdi haben noch ein neues, letztes Video zu ihrem überaus gelungenen Album „Bonchance“ rausgehauen. Darin findet die Geschichte, die in den diversen Videos zu „Amo aller Amos„, „Schlaghammer“ und den anderen gesponnen wurde, ihr Ende. Das Grande Finale samt Abspann. Zu einem wirklich guten Album, dass meiner Meinung nach an den oberen Anfang der Top Ten der Album-Charts gehört hätte. Marsimotos ebenfalls wirklich grandioses Album vielleicht auf der Eins, danach „Bonchance“ und der „Obststand“ auf der verdienten 5 – in einer perfekten Welt. Nichtsdestotrotz scheint Rap immer weniger verkannt zu werden. Endlich legen auch Mainstream-Medien wie die Zeit mal die richtigen Maßstäbe an:

Man kann die Liedtexte von Celo & Abdi nur wie radikalavantgardistische deutsche Literatur lesen, und so muss man sie auch lesen. Es ist ein unheimlicher Spaß, eben weil das Nichtverstehen dieser Literatur so eine Freude, Fantasie, Stimulanz und wilde Lust am Assoziieren, Sinnsuchen und Sinnraten freisetzt.

Das Deutsch von Celo & Abdi ist Straßendeutsch, wie es in den prekären Vierteln von Frankfurt unter Zugewanderten und Ausländern gesprochen wird, neben Deutsch finden sich Vokabeln aus dem Arabischen, Türkischen, Bosnischen, Kroatischen, Polnischen, Russischen, Französischen, Spanischen. Das Erratische und das Poetische der Sprache von Celo & Abdi wird durch Wortschöpfungen und durch Neologismen erzeugt und verstärkt.

Sehen und anerkennen muss man, dass das Rap-Duo eine im deutschen Pop ganz einzigartige, neuartige, eine grandios plastische und kickende Sprache gefunden hat. Wie jede Sprache, die sich der präzisen Wiedergabe einer Lebenswirklichkeit verschreibt, liegt hier eine hohe Poesie.

Auch wenn das im deutschsprachigen Rap keine besonders neuartige Sache ist. Mir scheint, hier hat jemand zum ersten Mal erfasst, wie Rap an sich funktioniert. Vielleicht schicke ich dem Autor mal meine Bachelorarbeit. Julian Dörr von der Süddeutschen kennt sich offenbar etwas besser mit der Materie aus und vergleicht sehr erfolgreich, amüsant und erhellend Celo & Abdis Album mit dem neuen von Konstantin Wecker:

Wecker kennt seine Ahnen: Er bedient sich in der spätmittelalterlichen Lyrik, bei Goethe, Novalis und Hugo von Hofmannsthal. Und oszilliert zwischen bajuwarischer Melancholie, verquaster Mystik, politischen Pamphleten und der feinsten Schriftsprache eines pensionierten Oberstudienrates. […] Auf „Bonchance“ betten [Celo & Abdi] ihre Straßengeschichten ein in eine große Zitatwelt, von Erik Zabel bis zu Matthew McConaughey in „The Wolf of Wall Street“. Die beiden sind außerdem Sprachutopisten. Die Szene rund um Haftbefehl ist ein Versuchslabor der Kommunikation. An ihren Songs lässt sich die Weiterentwicklung der Sprache durch immer neue Einflüsse studieren.

Die Welt muss sich verändern, fordert Wecker. Bei Celo & Abdi tut sie es. In ihrer Sprache steckt der Traum vom grenzenlosen Europa.

 

Veedel Kaztro feat. Fatoni – München – Kölle

Zum Schluss noch was Witziges mit Veedel Kaztro und Fatoni. Die representen ihre knallharte „München – Kölle“-Connection und tischen erstaunliche Fun-Facts über die beiden Städte auf. Köln liegt demnach in Rheinland-Pfalz, hat dafür aber nur coole Viertel, wie zum Beispiel Eimsbüttel. Irgendwas ist da faul im Staate Dänemark.

Boom Boom Boom K.I.Z. Hurra die Welt geht unter

K.I.Z. – Boom Boom Boom [Video]

„Boom Boom Boom Boom – Ich bring euch alle um!“ ist nicht gerade die subtilste Art der Kritik. Es verdeutlicht aber sehr schön die Wut und Verzweiflung, die einen heutzutage angesichts der vielen Idioten packen kann. Vielleicht verstehen sie es sonst auch nicht. Wobei die, die es gebrauchen könnten, sich das wahrscheinlich sowieso nicht anhören. Obwohl: Dank Circus Halligalli kennt jetzt auch der letzte Fernseh-Fan K.I.Z. und deren Song „Boom Boom Boom“. Von wegen Untergrund. Wahrscheinlich haben wir es auch Joko und Klaas zu verdanken, dass sich sogar die erzkonservative Welt dazu bemüßigt fühlt, etwas zu K.I.Z.s „Boom Boom Boom“ zu schreiben. Und wenn die überlegen, ob K.I.Z. hier zum Terrorismus aufrufen, steht Zweierlei fest: Die Welt hat nichts begriffen und K.I.Z. haben alles richtig gemacht. Frei nach dem Motto: Ein getroffener Hund bellt. Der Text trieft dann auch nur so vor rechtskonservativem Geblubber.

Finde die Fehler:

„Das radikale Berliner Rap-Kombinat K.I.Z. lädt ein zur Jagd auf die politische Lethargie des Mittelstands: ‚Ihr Partypatrioten/ Seid nur weniger konsequent als diese Hakenkreuz-Idioten/ Die gehn halt noch selber ein paar Ausländer töten/ Anstatt jemand zu bezahln, um sie vom Schlauchboot zu treten.‘ Irgendjemand ist richtig sauer, wenn er ausländermordende Neonazis in seinen Texten eine Stufe über dem Rest der Gesellschaft ansiedelt.“ [sic]

Die Gesellschaft unterteilt sich laut der Welt also in ausländermordende Neonazis und den Rest: Die Party-Patrioten aka Der Mittelstand. Das kann ich so jedenfalls nicht unterschreiben. Hier wird meiner Meinung nach auch nicht auf die politische Lethargie Jagd gemacht. Aber recht hat die Welt zumindest damit, das hier irgendjemand richtig sauer ist. Nicht ganz verstanden haben sie offenbar, warum – und auch nicht, wer hier wen umbringt, anzündet und aufknüpft. Vielleicht einfach nochmal ansehen, dieses wirklich unfassbar großartige Musikvideo zu „Boom Boom Boom“. Vielleicht fällt dann auch auf, dass darin keine „Ego-Shooter-Perspektiven“ zu entdecken sind. Oder dass die Kategorien Mainstream und Untergrund irgendwie nicht so recht passen wollen beziehungsweise falsch verteilt sind, wenn es um K.I.Z., Die Antilopen Gang, Zugezogen Maskulin und Deichkind geht.

Achja: „Wenn Rapper Kapitalisten den Kopf abschneiden“ macht sich als Schlagzeile natürlich super, führt aber leider meilenweit an der Sache, ja am Thema vorbei. Maxim kriegt im Video andeutungsweise die Kehle aufgeschlitzt, nicht den Kopf abgeschnitten. Er würde sich selbst wahrscheinlich auch eher als Kapitalismus-kritisch bezeichnen. Dafür ist er aber Rapper. Meine Interpretation: Der kapitalistische, rechte Lynchmob schneidet ihm die Kehle durch – korrekt müsste es also heißen: ‚Wenn Party-Patrioten Rappern die Kehle aufschlitzen‘. Das wird man ja wohl nochmal sagen dürfen und hat dann nur noch sehr wenig mit dem Islamischen Staat zu tun, liebe Welt. „Ich hab‘ noch nie so treue Sklaven gesehen.“

Schwierig

Ironischerweise hat Noisey am selben Tag, an dem Boom Boom Boom samt Video erschienen ist, einen Artikel namens „Politischer Deutschrap ist immer noch schwierig“ veröffentlicht. Ein ziemlich ätzender Artikel, der unter anderem beinhaltet, dass Sookee ja „eigentlich hochintelligent“ ist, aber halt leider eine Frau. Immer noch schwierig, ja. Immerhin erwähnen sie Ali As‘ und Pretty Mos „Deutscher/Ausländer„.

Ich feiere K.I.Z.s „Boom Boom Boom“ jedenfalls zu Tode, auch dank dieser Vengaboys-Ohrwurm-Granaten-Hook und natürlich für das extrem gelungene Video. Ich war beim Kannibalenlied ja noch sehr skeptisch (was in der Rückschau aber natürlich sehr viel mehr nach Kommunismus als Nationalsozialismus klingt), bin mittlerweile aber sehr zuversichtlich, dass mit „Hurra die Welt geht unter“ ein sehr starkes und vor allem politisches Album auf uns zukommt. Auch wenn das natürlich „immer noch schwierig“ ist.

K.I.Z. - Das Kannibalenlied Video Hurra die Welt geht unter

K.I.Z. – Das Kannibalenlied [Video]

Das Kannibalenlied

Puh. K.I.Z. läuten mit wehenden Fahnen und einem Paukenschlag ihre Promo Propaganda-Phase ein. Was zugegebenermaßen ein grenzgenialer Schachzug ist, verlangt einem als Hörer ganz schön viel ab. Beim ersten Durchlauf war ich zum Beispiel felsenfest davon überzeugt, dass da doch irgendwann noch ein Bass einsetzen muss. Aber viereinhalb quälend lange Minuten später wusste ich es besser: Die ziehen das durch. Bis zum bitteren Ende, komme, was da wolle. Unerbittlich wird da in bester Solidaritätslied-Manier das Lied der Kannibalen geschmettert – und ist dabei unerträglich eingängig. Gruseliger Scheiß, dass einem die Melodie derartig fies im Kopf bleibt, richtig catchy ist das. Aber Vorsicht, der Song eignet sich nur bedingt zum laut im Auto oder bei offenem Fenster hören.

Sehr viel besser würde sich „Das Kannibalenlied“ auf einer dieser unsäglichen Demos wie PEGIDA oder HOGESA machen. Die Chancen stehen gar nicht schlecht, dass die Idioten das überhaupt nicht kapieren und bedingungslos abfeiern würden. Vorausgesetzt natürlich, sie hören nicht richtig hin, wovon ja aber auszugehen ist. Das Kannibalenlied kann wirklich extrem leicht falsch interpretiert werden. Das macht es aber auch so genial, so unerträglich, so ekelhaft. Ihr könnt ja mal einen Test machen: Richtig laut aufdrehen und gucken, ob sich irgendein Nachbar/Mitbewohner oder sonstwer bemüßigt fühlt, deswegen auf Euch zu zu kommen. Und was derjenige dann zu sagen hat. Denn wer nur jede zweite Zeile des Kannibalenlieds mitbekommt, könnte es sehr leicht in den falschen Hals kriegen. Wer genau hinhört, wird dafür aber mit diversen Schmunzlern belohnt.

Nach dem vielleicht besten Album-Titel überhaupt „Sexismus gegen Rechts“ jetzt also gewissermaßen Rechts gegen Rechts. Ich bin gespannt, ob K.I.Z. „Das Kannibalenlied“ auch live spielen. Macht sich bestimmt gut. Allein bei der Vorstellung eines Konzert-Saales, der aus vollem Hals dieses Lied schmettert, läuft es mir eiskalt den Rücken herunter. Chapeau dafür! Marc Leopoldseder (JUICE, Allgood und jetzt SplashMag) hat kurzerhand Maxim von K.I.Z. vor irgendein Mikro gezerrt und ihn ein bisschen zum neu angekündigten Album ausgefragt. Besonders bemerkenswert finde ich ja Folgendes:

Fun fact am Rande: Die Bilder von den Militärparaden im Video sind von guten westlichen Demokratien geklaut. Das sind Bilder vom 14. Juli in Frankreich, das sind Bilder aus der Schweiz und Deutschland – nach ’45.

Ansonsten heißt das Album „Hurra die Welt geht unter“ und erscheint am 03.07.