Monthly Archives: November 2014

Haftbefehl, B-Tight, Schwesta Ewa, Eko

Haftbefehl, B-Tight, Schwesta Ewa, Eko Fresh & Fler

Haftbefehl lässt eine Bombe nach der anderen platzen und das Internet glühen. „Lass die Affen aus’m Zoo“ verhärtet den Eindruck, dass mit „Russisches Roulette“ ein richtiges Gangster-Rap-Album auf uns zukommt. Eines der guten Sorte à la Hood-CNN. Eines, das abbildet, ohne zu glorifizieren. Ein Album, das Missstände anprangert, indem es sie schonungslos dokumentiert. Die Rückbesinnung oder Rückwärtsgewandtheit oder wie auch immer man Haftis neuen alten Stil nennen will, war die perfekte Karriere-Entscheidung. Und ganz nebenbei ein Zeichen der Zeit. Deutscher Gangster-Rap ist beinahe zu einer Karikatur seiner selbst geworden.

Auch wenn Haftbefehl die Straße längst hinter sich gelassen hat, gilt hier der Grundsatz „Du kannst mich aus dem Ghetto holen, aber nicht das Ghetto aus mir“ stärker denn je. Denn Baba Haft weiß, wovon er spricht. Und er besitzt die Gabe, selbst die allerschlimmsten Geschichten zu einem oft unterhaltsamen, aber immer intensiven Stück Musik zu machen. Hier hören wir niemandem zu, der sich darauf ausruht, dass er es geschafft hat. Wir hören jemandem zu, dem wir jedes Wort glauben, auch wenn wir wissen, dass es nicht mehr seiner Lebensrealität entspricht. Denn die Straße ist immer noch da draußen und diese Sachen passieren immer noch, nur eben nicht mehr Haftbefehl.

Darüber darf er sich freuen, was er natürlich tut. Er kann sich aber auch darüber aufregen, dass es anderen immer noch scheiße geht. Dieses Video zu „Lass die Affen aus’m Zoo“ funktioniert einwandfrei: Es macht nämlich eigentlich keinen Spaß, es anzuschauen. Es ist ganz im Gegenteil sogar sehr unangenehm. Und genau deswegen sollte es jeder sehen. Die einen werden sagen, es sei gewaltverherrlichend, andere (oder dieselben) regt es zu alleruntersten Stammtischparolen an. Aber vielleicht checken es ja auch ein paar.

B-Tight versammelt in seinem Video zu „Nummer Einz“ beinahe komplett Rap-Deutschland. Ihn selbst sehen wir dabei gar nicht, das macht aber nix. Bobby Dick ist zurück, meine Damen und Herren! Darüber freue nicht nur ich mich, sondern auch Sido, Vokalmatador, Frauenarzt, Manny Marc, Ali As, MoTrip, Eko Fresh, Mach One, Olli Banjo und viele mehr freuen sich: B-Tight ist die Nummer Einz.

Schwesta Ewa läutet den Beginn der Promophase für ihr Album „Kurwa“ ein. Deswegen gibt es jetzt ein schickes, ganz neues Video zu „Schwesta Schwesta„. Klingt nach Schwester S aka Sabrina Setlur und das soll es auch. Das Video überzeugt mich storytechnisch nicht so, geht aber trotzdem klar. Ich bin extrem gespannt, was uns auf dem Album, das ursprünglich mal „Dr. Entjungferung“ heißen sollte, sonst noch so erwartet.

Eko haut derweil noch einen raus und backt Muffins, wovon er Hallus kriegt. Amüsanter Song, amüsantes und sehr buntes Video: „Hallus & Muffins„. Und alle drehen durch. Heute kommt ja auch sein Album raus, genau wie „Märtyrer“ von Kool Savas.

Dann hat Fler vor Kurzem auch noch für Furore gesorgt. Als ob es nicht schon genug Nazi-Vorwürfe gegen ihn gäbe, fabulierte der Deutsche Bad Boy in einem fb-Posting irgendwas davon, Farid Bang sei nur ein „Gast“ in Deutschland. Herrlich. Da schließt sich der Kreis, wir sind wieder bei allerunterstem Stammtischniveau angekommen. Vielleicht sollte sich Fler mal mit Haftbefehl unterhalten.

Favorite - Europas wichtigster Mann

Favorite – Europas wichtigster Mann

Holla, die Waldfee – da haut Favorite aber wieder einen raus. „Europas wichtigster Mann“ kehrt mit einem Paukenschlag zurück auf die Bildfläche, nachdem er drei Jahre lang untätig war. Ob er jetzt nur gechillt hat, bis Elvir ihn wieder ins Studio gesperrt hat, weiß ich nicht. Fest steht allerdings, dass die erste Videoauskopplung aus dem kommenden Favorite-Album „Neues von Gott“ wie gewohnt nichts für schwache Nerven ist. Sowohl Album- als auch Songtitel deuten es schon leise an: Favorite ist kein Stück ruhiger, bescheidener oder besonnener geworden, ganz im Gegenteil. Er brettert wie eh und je alles über den Haufen und nimmt dabei überhaupt gar kein Blatt vor den Mund.

Von seinen älteren Alben stammen denkwürdige Zeilen wie: „Und jetzt, wo ich kein Kind mehr bin, hab ich gecheckt, dass Kinderpornos eigentlich nix für Kinder sind. Hätt‘ ich das mal mit zehn Jahren schon gewusst, hätte ich mir nicht acht Jahre lang einen auf die Blagen geschrubbt.“ Heute ist er immer noch „die Schwächeren am Haun“, kokettiert aber obendrein auch noch mit beinharter Nazi-Symbolik. Damit bringt er sich und sein Album auf jeden Fall gekonnt ins Gespräch. Glücklicherweise bewahrt sich Fav aber seinen einzigartigen, bitterbös-schwarzen Humor, der das Ganze zu einem extrem unterhaltsamen Rap-Track macht. Ich freu mich jedenpfalz auf „Neues von Gott“. Fav ist back!

Nebenbei: Kontra K mit „Kampfgeist 2“ aus seinem kommenden Album „Aus dem Schatten ins Licht“ und MC Bogy, der Atzenkeeper, wie er in seiner eigenen Bude über beinahe alle Berliner Rapper aus dem Nähkästchen plaudert.

Ali As, Dilated Peoples, Kool Savas, Fatoni, Edgar Wasser & Chappie

Ali As, Dilated Peoples, Kool Savas, Fatoni, Edgar Wasser & Chappie

Bits and Pieces, Nummer Vier:

„Du Nuttenkind, ich bin nicht Macklemore/Texte raw wie ein Cracklabor in Ecuador“

Ali As haut einfach so einen richtig guten Song aus seinem kommenden Album „Amnesia“ raus: „Hoodies & Chucks“. Bombe!

Dilated Peoples veröffentlichen ein wirklich schönes Video zum bereits bekannten Song „Show Me The Way“ vom aktuellen Album „Directors of Photography“. Mit Aloe Blacc und einem Beat, der Gold wert ist. Ganz klar einer der Höhepunkte des Albums:

Kool Savas bequemt sich endlich auch mal auf YouTube wie jeder andere Normalsterbliche auch. Soll heißen: Märtyrer gibt’s jetzt eben auch auf YT, und nicht mehr nur auf ampya oder myvideo (WTF?). Tja, gestern habe ich noch mit einem guten Freund (hallo!) darüber diskutiert, wie gut die Idee eines derartigen Titels und einer solchen Hook aktuell denn nun ist. Das Ergebnis: Nicht so gut. Auch wenn das höchstwahrscheinlich alles auf die Musik und Savas‘ Karriere bezogen ist, finde ich es einfach total unangebracht. Das eignet sich einfach zu gut, um es aus dem Zusammenhang zu reißen und falsch zu interpretieren. Mit dem Thema Suizid sollte man eh ganz, ganz vorsichtig sein, denke ich. Die Strophen gefallen mir ziemlich gut, die Hook zerstört für mich aber leider das gesamte Lied. Ähnlich wie bei der Kollabo mit Xavier Naidoo. Schade, dabei hatte Savas mal bei mir den Status, dass er machen kann, was er will und ich finde es trotzdem gut. Zeiten ändern dich, nehme ich an.

Fatoni & Edgar Wasser liefern Musikvideos wie am Fließband. Aktuell neu: „An der Uhr“ von der „DIE ZEIT HEILT ALLE HYPES“- EP. Kann man sehr gut machen, hören und anschauen, ich musste bei einigen Zeilen mehr als nur Schmunzeln.

Zu guter Letzt jubele ich euch noch einen Film-Trailer unter. Neill Blomkamp verzeichnet bereits District 9 und den etwas schwächeren Elysium auf seiner Haben-Liste, zu der bald dann auch „Chappie“ gehört. Das Poster erschien vorgestern, den Trailer gibt es seit gestern. Als Schmankerl spielen die beiden Menschen von Die Antwoord in dem Film mit. Was ich einerseits ganz interessant finde, aber andererseits befürchte ich, dass die dem Film nicht gut tun. Wir werden es sehen.

JAM - Wer kann uns hören

JAM – Wer kann uns hören (16zu9)

JAM kannte ich bisher nur von dem guten, aber recht gewöhnlichen „Coffeeshop Flavour„. Eben so das Standard-Rapper-fährt-nach-Amsterdam-und-kifft-Musikvideo. Zugegeben: Mit sehr witzigem Refrain und auch sonst solider Vorstellung. Bei „Wer kann uns hören“ sieht die Sache schon ganz anders aus. JAM packt ordentlich Gesellschaftskritik aus, trifft die richtigen Töne und zeichnet nachvollziehbare Bilder. Dazu gibt es ein fürchterlich düster-trostloses Video vor Hochhauskulisse. Mir war nicht klar, was noch so in JAM steckt und freu mich ob dieser Entdeckung. Ich muss unbedingt mal in das letzten Freitag erschienene Album „16zu9“ reinhören, scheint mir.

Haftbefehl hat JAM per facebook übrigens auch Props gegeben und das Video geteilt. Auch wenn mir das Keiner glaubt: Ich kannte es schon vorher. Wie auch immer: Hafti befindet sich derzeit in der Promophase für seinen nächsten großen Schuss „Russisches Roulette“ – ein feiner Zug also, währenddessen JAM zu pushen. Haftbefehl selbst füttert uns noch ein bisschen weiter an, bis das Album kommt. Zum Beispiel mit „1999 Pt. 2„. Wieder ein anderer Stil als die bisher ausgekoppelten Sachen, aber nicht ganz so mein Fall wie „Ihr Hurensöhne/Saudi Arabi Money Rich“ und „1999 Pt. 1

UFO361

UFO361 – Kreuzberg 96, Ganjaboi & Hausparty (Ihr seid nicht allein)

UFO361 hat mittlerweile drei weitere großartige Videos aus seinem wirklich gelungenen Album „Ihr seid nicht allein“ ausgekoppelt. Da wäre zum einen das Memory Lane-Lied „Kreuzberg 96“, in dem UFO361 wie gewohnt seine Verbundenheit zur Hood kundtut. Wer noch nie in Kreuzberg war, bekommt hier ein ganz gutes Bild davon, wie es mal war und wie es jetzt ist. Zumindest aus der persönlichen Perspektive von Herrn Ufo Tartufo. Die Kreuzberger Kiezgröße geht wahrscheinlich sogar noch als Untergrund durch. Obendrein verbreitet der Ober-Sympath einfach eine angenehm-witzige Grundstimmung. Der erste Rapper mit quasi durchgehend guter Laune und einem dummen Spruch auf den Lippen – was natürlich übertrieben ist. Erstens gibt es auf dem Album auch zwei, drei nachdenklichere Stücke und zweitens gibt’s bestimmt noch andere, die mir nicht einfallen.

Aber diese Mischung aus streetsmart, losem, witzigem Mundwerk und der guten Laune trifft einfach meinen Nerv. UFO361 ist ganz im Gegensatz zu vielen anderen Rappern eigentlich auch nie so richtig wütend oder traurig in seinen Texten. Vielleicht kifft er dafür einfach zu viel. Womit wir auch schon beim Thema des zweiten Songs wären. „GanjaBoi“ ist genau das, was man unter dem Titel vermutet. Stilecht mit Reggae-Vibes und Unterstützung von Rare Attack. Weil immer nur Kiffen aber auf Dauer auch langweilig sein soll (hab ich gehört), muss eine Party her. Gesagt, getan: UFO361 lädt Greeny Tortellini ein und lässt eine „Hausparty“ steigen. Schließlich kann man auch beim Saufen Kiffen.

Das alles schön auf ganz klassische Bumm-Tschack-Beats. Die gewinnen zwar keinen Innovationspreis, erfüllen aber ihren Zweck über alle Maßen und sorgen für heftiges Kopfnicken. Beste: